Kinder, Jugendliche und ihre Eltern dort treffen, wo sie sich täglich aufhalten: Das können ambulante Familienhilfen. Ambulante Angebote bilden deshalb einen wichtigen Eckpfeiler der Kinder- und Jugendhilfe. Einen Überblick über unsere Tätigkeiten in diesem Bereich haben wir bereits im letzten Blogartikel behandelt. Was ist Clearing? Und was bringt die aufsuchende Familientherapie (AFT)? Diese Fragen wollen wir Ihnen heute beantworten.
Manchmal sind Kinder oder Jugendliche sozial auffällig, manchmal erkennen Personen aus dem Umfeld, in Schule oder Kindergarten etwa, Mangelsituationen – ohne dass die Hintergründe in der Familie näher bekannt sind. Welche Problemlagen bestehen überhaupt? Welche Hilfen sind für eine positive Veränderung geeignet? Diesen Fragen nähert sich ein ambulantes Clearing, mit dem Ziel, eine passgenaue Hilfeempfehlung auszusprechen, die sich auf die Analyse der Ausgangslage einer Familie beruft.
Wir nutzen Methoden aus der systemischen Beratung und Therapie, um eine gemeinsame Problemdefinition und mögliche Lösungsansätze zu erarbeiten. Welche individuellen Bedingungen und Hintergründe bestehen? Welche Verhaltensmuster und Beziehungsdynamiken bestehen bei den Beteiligten? Wie tragen sie dazu bei, dass die Problemlage entsteht bzw. aufrechterhalten wird?
Wir suchen keine schnellen Lösungen. Eine komplexe Sichtweise auf die Belastungen, denen die betroffenen Menschen ausgesetzt sind, ist die Grundlage unserer Arbeit. Welche Wirkungszusammenhänge bestehen? Welche Ressourcen haben die Beteiligten einer Familie – und welche Möglichkeiten zur Veränderung haben sie?
Unser Ziel ist, differenziert zu erkennen, welche Hilfen frühzeitig benötigt werden, damit die Lebensbedingungen von Kindern, Jugendlichen und Familien sich verbessern. Intensivere oder langfristige Jugendhilfemaßnahmen lassen sich so häufig vermeiden.
Die AFT ist ein Konzept, das mit diesem Ansatz Hand in Hand geht. Familien, die zur Mitarbeit bereit sind und aus eigener Kraft ihre Situation verbessern wollen, lernen beispielsweise, wie sich das Familiensystem umorganisieren und umstrukturieren lässt. Sie bekommen Hilfe zur positiven Selbstorganisation und Eigensteuerung, zur Entwicklung eigener Strukturen und funktionaler Strategien zur Bewältigung von Konfliktsituationen.
Wie kann eigenständige Erziehungsfähigkeit erreicht werden? Wie geht positive Kommunikation, wie sieht ein angemessenes Rollenverhalten aus? Welche Verhaltensmuster und Familienregeln brauchen wir, wie lösen wir Probleme? Wie gehen wir mit Grenzen um – den eigenen und denen der anderen? Welchen Beitrag kann das soziale Umfeld dazu leisten?
Wenn die Rahmenbedingungen und konkreten Ziele geklärt sind, nutzen wir systemische und verwandte Arbeitsmethoden wie Genogrammarbeit, das Familienbrett, Chronologie-Arbeit oder Kontextanalyse, um mit den Familien auf eine Verbesserung der Lebens- und Erziehungsbedingungen hinzuarbeiten. Die aufsuchende Arbeit wird dabei immer von zwei FamilientherapeutInnen im Co-Team durchgeführt – und das nach Bedarf zwischen 3 mal wöchentlich (in akuten Krisen) und 2 Kontakten monatlich (in der Schlussphase). Die Dauer der AFT liegt zwischen 6 und 18 Monaten – abhängig davon, ob die Hilfen wirken und wie lange sie nötig sind.
Die Gründe, warum eine Familie die aufsuchende Familientherapie in Anspruch nimmt, können zahlreich sein. Bei Trennung oder Scheidung der Eltern, bei Erziehungsproblemen, bei akuten Krisen oder traumatischen Situationen in der Herkunftsfamilie. Wenn ein Kind oder Jugendlicher ausgegrenzt wird, Fremdunterbringung droht oder das Sozialverhalten gestört ist. Bei kriminellem Verhalten, Suchtproblematik, Schulproblemen oder psychischen Krankheiten. Bei Integrationsproblemen von MigrantInnen oder Rückführungssituationen. Doch egal, welche Ausgangslage eine Familientherapie nötig macht: AFT bietet die Möglichkeit, die Lebensbedingungen einer Familie langfristig zu verbessern.